Neustart mit Ende 50

Regensburgerin hofft, in ihrer neuen Wohnung endlich wieder Ruhe und Kraft zu finden.
 
Von Michael Bothner
 
Regensburg. 
Es ist ein Gespräch zwischen viel Freude, aber auch reichlich Tränen. Zwischen der kleinen Hoffnung, dem eigenen Leben noch mal eine neue Richtung zu geben und dem Blick zurück auf schwierige Jahrzehnte. Sofia will ihren echten Namen nicht in der Zeitung lesen – aus Sorge, ihre Familie könnte all das hier lesen. Dabei ordnet sich bei der Ende-50-Jährigen derzeit alles ein wenig.
 
15 Jahre war sie bei „Bonni“, wie sie unserer Mediengruppe erzählt. Damit ist Dr. Eduard Boniakowski gemeint, der Substitutionsarzt, den viele in Ostbayern, die Drogen konsumieren, kennen. Auch Sofia holt sich seit 15 Jahren bei dem Doktor ihren Ersatzstoff – nein: Sie hat sich das Zeug geholt. „Seit einem Jahr bin ich aus der Substitution raus“, sagt Sofia mit Stolz und Erleichterung in der Stimme. Nicht viele würden diesen Schritt schaffen. Auch ihr habe Boniakowski einst gesagt, dass es schwer werden würde, erinnert sich Sofia.
 
Im Rausche der Nacht Substanzen probiert
 
Als junge Frau fing sie in einer Regensburger Kneipe an. Das habe ihr einfach Spaß gemacht, gutes Geld habe sie verdient. Also machte sie das mehrere Jahre. Dass Sofia im Rausche der Nacht, zwischen all den anderen Feiernden irgendwann auf der Toilette auch mal Substanzen probierte, es ist in der Gastronomie keine seltene Lebensgeschichte. Wo Arbeitszeiten ausufern und die Nächte durchgezecht werden, da gehörten bestimmte Mittelchen oft dazu, sagt Sofia. Unter der Woche, da muss sie aber klar sein und für ihre Familie da sein, sich um ihre Tochter kümmern. Das stand für Sofia immer fest und das habe auch geklappt.
 
Sofia wechselte über die Jahre zu verschiedenen Arbeitgebern, war auch in der Industrie tätig. Schulden machen, das könne sie bis heute nicht. Ihr sei es immer wichtig gewesen, selbst für sich aufzukommen. Aus gesundheitlichen Gründen war sie dann vor ein paar Jahren plötzlich auf Hartz IV angewiesen – aktuell bekommt sie Bürgergeld. Sie schaue auch jetzt sehr darauf, dass sie nicht über ihre Verhältnisse lebt, betont Sofia. Gerne würde sie auch wieder arbeiten und sich selbst finanzieren. Ihre Erkrankung will sie da nicht als Hindernis sehen. Aber ihre letzte Wohnung sei ein Problem gewesen. In der Altstadt, über einem Lokal gelegen und aufgrund uralter Fenster habe sie da einfach keine Ruhe gefunden – zu keiner Tages- und Nachtzeit.
 
Dann erklärte auch noch das Jobcenter vor ein paar Monaten, dass die Nebenkosten zu hoch seien. Das Amt hätte diese nicht länger übernommen. Also suchte Sofia nach einer neuen Wohnung. Anfang November erfolgte der Umzug, raus aus der Altstadt. Weil das Jobcenter auch hier keine Kosten übernahm, bekam sie Hilfe von Drugstop. Bei der Drogenhilfe ist sie schon länger viel mit Ronja Beuttel in Kontakt. Die Sozialarbeiterin hat sich sofort bereit erklärt, als Patin für „Freude durch Helfen“ zu fungieren.
 
Viel heller sei das neue Zuhause. „Ich fühle mich da endlich wohl“, sagt Sofia. Ihr größter Wunsch für die neue Wohnung: ein echtes Bett. Die letzten Jahre schlief sie auf einem Sofa, das inzwischen aber arg durchgelegen sei. „Da schauen die Federn schon raus“, sagt Sofia.