Von Judith Heinrich
Rottenburg. Donnerstags ist Ausgabetag in der Rottenburger Tafel, eine Einrichtung der Diakonie Landshut. Ab 11 Uhr bildet sich eine lange Schlange beim Hab und Gut Gebrauchtwarenhaus am ehemaligen Kasernengelände, wo die Tafel ihre Räume hat. Doch das 30-köpfige Team um Gerti Weinzierl, die seit Beginn die Tafel leitet, ist schon länger beschäftigt, bevor die Lebensmittel an Bedürftige verteilt werden können.
Montags und donnerstags klappern die Tafel-Fahrer die Supermärkte, Bäckereien und Metzgereien der Region ab, um die überzähligen Lebensmittel abzuholen. Ist die Ware angeliefert, putzen und sortieren sie die Mitarbeiterinnen und räumen sie in den „Verkaufsraum“. An Lebensmittelspenden mangelt es zum Glück nicht. „Die Supermärkte im Landkreis sind viel, das kommt uns zugute“, sagt Weinzierl.
Auch wenn die Lebensmittel für die Bedürftigen, die die Rottenburger Tafel aufsuchen, ausreichen, ist die Einrichtung dennoch auf Spenden angewiesen. Gespendet werden hauptsächlich Lebensmittel kurz vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum. Grundnahrungsmittel wie Mehl, Zucker oder Nudeln, aber auch Dosentomaten erhält die Tafel hingegen kaum, weil diese in den Geschäften meistens verkauft werden. „Nudeln gehen immer, vor allem bei den Familien“, berichtet Gerti Weinzierl. Zu besonderen Anlässen wie Ostern oder Weihnachten gibt es Tüten, die mit Leckereien gefüllt sind. Auch hier muss die Tafel etwas dazukaufen, weil Süßigkeiten nur bedingt gespendet werden.
Außerdem muss das Auto, das die Einrichtung mit Spendengeldern gekauft hat, ebenfalls finanziert werden. Für Versicherung, Sprit und Reparatur muss die Tafel aufkommen.
„Im Schnitt rechnen wir pro Familie mit drei Personen“
Die Einrichtung gibt es seit 15 Jahren. Seit Beginn hat sich die Anzahl der Tafel-Kunden in etwa verdoppelt. Vor allem mit dem Ukrainekrieg und den Kriegsflüchtlingen ist die Zahl der Bedürftigen sprunghaft angestiegen. In den Anfangsjahren versorgte die Tafel zwischen 200 und 250 Personen mit Lebensmittel, heute sind es 140 Familien. „Im Schnitt rechnen wir pro Familie mit drei Personen“, fügt die Leiterin der Tafel hinzu. Wegen der gestiegenen Kundenzahl wurden auch die Öffnungszeiten angepasst. Ging früher die Ausgabe in zwei Stunden über die Bühne, so ist heute von 11 bis 16 Uhr durchgehend für die Kunden geöffnet.
Auch wenn die Tafel die gestiegene Anzahl an Bedürftigen versorgen kann, so hat sie ein anderes Problem: Der Platz wird knapp. Im kleinen Warenraum müssen alle Lebensmittel Platz finden, die die Tafel ausgibt. Neben zahlreichen Obst- und Gemüsekisten befinden sich in dem kleinen Raum auch fünf mannshohe Kühlschränke für Milch, Joghurt oder Käse, ein Kühlschrank für Fleisch- und Wurstwaren sowie Regale für diverse trockene Lebensmittel oder Konserven. Weinzierl berichtet, dass es eine Idee gebe, das Platzproblem zu lösen. Doch das sei weder spruchreif noch absehbar.
Bei der Tafel einkaufen darf nur, wer einen Berechtigungsnachweis vorlegen kann. Diesen stellt die Gemeinde, das Landratsamt, das Jobcenter, die Pfarrei oder ein Wohlfahrtsverband aus. Das Einzugsgebiet der Tafel erstreckt sich auf die Gemeinden Rottenburg, Pfeffenhausen, Hohenthann, Neufahrn, Ergoldsbach, Weihmichl und Rohr. Die Bedürftigen können grob wählen, was sie aus dem Tafel-Sortiment brauchen: Obst und Gemüse, Milchprodukte, Fleisch und Wurst, Brot, Konserven oder Vorratsware. Die Tafel-Mitarbeiter stellen ihnen dann ihren Einkauf zusammen. „Keiner muss bei uns hungrig weggehen“, betont Weinzierl. Die Kunden zahlen für ihren Einkauf den symbolischen Preis von einem Euro. Bei den Tafel-Kunden handelt es sich um Rentner, Familien, Alleinstehende und Alleinerziehende, die mit dem ihnen zur Verfügung stehenden Geld nur bedingt über die Runden kommen. Sie nehmen das Angebot der Tafel unterschiedlich an. Einige suchen die Tafel selbstverständlich und regelmäßig auf, andere wiederum brauchen sie übergangsweise zur Überbrückung in schwierigen Lebenssituationen. Wieder andere schämen sich, dass sie die Einrichtung nutzen müssen.
Das Tafel-Team besteht aus 25 Frauen und zehn Männern, die regelmäßig helfen. Am Donnerstag sind insgesamt 15 Personen den Tag über in verschiedenen Schichten im Einsatz. Vormittags wird die Ware geholt und sortiert, ab Mittag ausgegeben. Alle Lebensmittel müssen verteilt werden.
Freundschaften sind entstanden
Was übrig bleibt, wird Landwirten als Tierfutter gegeben. „Nach der Ausgabe am Donnerstag sind wir dann schon geschafft“, berichtet eine Mitarbeiterin. Umso mehr ist Gerti Weinzierl stolz darauf, dass sich das Team so gut versteht: „Mittlerweile sind Freundschaften entstanden.“ Sie freue es sehr, dass alle Helfer von sich aus zur Tafel gekommen sind, weil sie sich sozial engagieren wollten. Das bestätigt eine Mitarbeiterin: „Es tut gut, wenn man etwas zurückgeben kann.“