Von Thomas Linsmeier
Furth im Wald. Keine Liebe ist stärker, als die zwischen einer Mutter und ihrem Kind! – Wenn Maria G. (Name geändert) diese Lebensweisheit hört, weiß sie nicht, ob sie lachen oder weinen soll. Lachen, weil sie seit zehn Jahren das Gegenteil erlebt. Weinen, weil es sie schmerzt, wie wenig Interesse ihre Tochter an ihrem eigenen Kind zeigt. Aus diesem Grund zieht die 64-Jährige mit ihrem Mann ihre Enkelin seit deren Geburt groß, während sich ihre Tochter ins Ausland verdrückt hat. Nun ringt ihr Mann mit dem Tod. Wie es dazu kam?
Maria G. holt tief Luft und beginnt, ihre Geschichte zu erzählen. Alles begann 2013. Ihre Enkelin Sonja (auch dieser Name ist geändert) war gerade einmal fünf Tage auf der Welt, da bekam Maria G. einen Anruf von ihrer Tochter. „’Mama’, hat sie damals gesagt, ‘magst du sie nicht nehmen, damit wir durchschlafen können?!’“ Obwohl sie erst von der Arbeit kam, fuhr sie und holte ihre Enkelin. Leider keine Ausnahme.
Selbst in den Wochen danach musste sie ihre Enkelin immer wieder nachts zu sich holen, bis Maria G. der Geduldsfaden riss: Sie fuhr zu ihrer Tochter und stellte sie zur Rede. Doch die und ihr damaliger Partner wollten das Baby nicht mehr haben. „Dann nahm ich es wieder mit. Was sollte ich anderes machen?!“ Da war Sonja gerade einmal ein Monat alt. Seitdem lebt die Kleine bei ihren Großeltern.
Über die Polizei erfuhr davon das Jugendamt. „Das hat unsere Enkelin mitgenommen. Da war sie vielleicht ein Dreivierteljahr alt. Mir hat es das Herz rausgerissen“, erzählt die heute 64-Jährige. Ihre Tochter sei immer wieder verschwunden, dann wieder aufgetaucht. „Doch ihr Kind interessierte sie nie.“ Deshalb waren Maria und ihr Mann froh, als eine Entscheidung gefällt wurde: Das Jugendamt behielt das Sorgerecht, die Kleine durfte jedoch in der Obhut ihrer Großeltern bleiben. Und die Mutter?
Diese lebt nun im Ausland. „Sie meldet sich, wenn sie Geld benötigt“, berichtet Maria G. und betont zugleich: „Dabei haben wir selbst nur unsere Rente.“ Und Sonja? Sie habe sich mit der Situation arrangiert. So hätte alles gepasst. Bis zu einem Tag vor wenigen Wochen.
Maria G.’s Mann ging es schlecht. Er ließ sich von ihr ins Krankenhaus fahren. Dort hieß es zunächst: warten! Nach sechs Stunden riss Maria G. der Geduldsfaden. Ihr Mann habe bereits Finger, Nase, Lippen und Zehen blau gehabt. Es folgte eine Verlegung in ein Regensburger Krankenhaus. Dort hätten ihr die Ärzte kaum mehr Hoffnung gemacht. Bei ihm war ein Organversagen diagnostiziert worden. Ursache: Eine schwere Lungenentzündung und eine Blutvergiftung. Er wurde ins Uni-Klinikum notverlegt.
Dort konnte ihm geholfen werden, aber er liegt immer noch im künstlichen Koma. „Langsam wird er wieder wach“, schöpft sie Hoffnung, „aber es ist noch ein sehr, sehr langer Weg.“ Jedoch droht ihm nun aufgrund der Sauerstoffunterversorgung die Amputation von Zehen, Fingern und eventuell der Fußballen, sagt sie. Ist dies der Fall, werde ein Umbau des Eigenheims notwendig. Deshalb dreht Maria G. nun jeden Euro fünfmal um. „Wir haben in unserem Leben schon so viel geschafft“, meint sie auf die Frage, mit welchen Gefühlen sie in die Zukunft blickt.
Froh ist sie, dass das Jugendamt Verständnis zeigt und Sonja trotzdem bei ihr bleiben darf. „Das hat es uns zum Glück bereits signalisiert“, freut sich Maria G., wodurch sie zumindest eine Sorge weniger hat. Dass sie für ihre Enkelin weiterhin da sein darf, gibt ihr Lebensmut, weshalb sie überzeugt ist: „Wir schaffen auch das, weil wir drei zusammenhalten!“