Kurze Besprechung vorm nächsten Einsatz: Karin Riederer, Bernhard Siegl und Thomas Meindl (von links) sind drei von derzeit 24 „Notfallseelsorgern“ im Landkreis Cham. Um weitere ausbilden zu können, werden Spenden benötigt. Foto: Linsmeier
Von Thomas Linsmeier
Furth im Wald. Wenn er kommt, hat sich meistens das Leben dramatisch verändert. Wo seine Kollegen in den auffälligen gelben Jacken zu sehen sind, braucht die Seele dringend Hilfe. Thomas Meindl ist ehrenamtlicher Notfallseelsorger.
Was der Mittelschul-Konrektor in seiner Freizeit macht, hat mit Spaß nichts zu tun. Er hilft Menschen in ihren schwierigsten Stunden. Um so bedauerlicher ist es, wenn die, die helfen, fürs Helfen auch noch was bezahlen sollten. So geht’s Meindls Verein „Gemeinsam für das Leben im Landkreis Cham“, vielen besser als „Notfallseelsorge“ bekannt.
Im nächsten Jahr werden es 25 Jahre, dass dieser in Furth im Wald aus der Stadtfeuerwehr hervorgegangen ist. Initiiert hatte ihn der damalige Kaplan Thomas Schmid, der - selbst Feuerwehrmann - eine wesentliche Lücke in der Hilfeleistung erkannte, nämlich: Wer kümmert sich um die Menschen, die mit dem Schicksalsschlag eines nahestehenden Menschen konfrontiert werden, in den ersten Stunden?
Die Mitglieder der daraufhin gegründeten Notfallseelsorge lieferten die Antwort. Seit 1995 werden sie bei schweren Unfällen, Notfällen mit suizidalem Hintergrund oder besonders tragischen Todesfällen mitalarmiert. Sie kümmern sich an der Einsatzstelle um Betroffene, überbringen zusammen mit der Polizei oft mitten in der Nacht die tragische Nachricht, die Leben verändert. Und sie stehen auch danach zur Seite. Diese 24 Einsatzkräfte sind irgendwie Lückenfüller in den schicksalhaften Stunden.
Wem die Notfallseelsorger in einer solchen Situation bereits geholfen haben, der ist ihnen sicherlich auf ewig dankbar. Doch von Dankbarkeit alleine lässt sich selbst ein Dienst, der nahezu ausschließlich mit Worten und viel Einfühlvermögen hilft, nicht aufrechterhalten. Denn auch diese Form der Hilfe muss und will gelernt sein, und das kostet zunehmend mehr Geld.
Pro Einsatzkraft sind rund 1600 Euro nötig
„Vor 25 Jahren hatten wir einfach so angefangen. Guter Wille und Herz hatten gereicht. Heute ist fast alles zertifiziert und genormt“, sagt Meindl, zugleich Kassier des Vereins „Gemeinsam für das Leben“. Und das kostet Geld. So hat die Notfallseelsorge zwar in den letzten Monaten 13 neue Helfer gewonnen, die das Team der 24 Aktiven deutlich verstärken werden, jedoch muss auch deren Ausbildung bezahlt werden. Zwei Kurse sind nötig.
Für den ersten Lehrgang, der sich über vier Tage erstreckt, muss der Verein 250 Euro pro Person bezahlen, für den zweiten, der zwei Monate lang an den Wochenenden stattfindet, sind es nochmals 850 Euro. Damit die Einsatzkräfte ein einheitliches Bild abgeben und sie an der Unfallstelle gut erkennbar und geschützt sind, benötigt jeder eine Jacke, Hose, Sicherheitsschuhe und ein T-Shirt. Hinzu kommen Kosten für die Versicherung und die Mobiltelefone. So ergeben sich pro Helfer etwa 1600 Euro. Bei den 13 neuen Helfern sind das zusammen über 20000 Euro.
Notfallseelsorge hat es ohne Spenden schwer
Dem steht nur eine magere Einnahmequelle gegenüber. Sicher ist nur der Mitgliedsbeitrag der bisher 24 aktiven und der 54 passiven Mitglieder. Der beträgt 13 Euro im Jahr für Einzelpersonen. Staatliche Zuwendungen gibt es nicht. Lediglich: Der Landkreis übernimmt den Unterhalt der beiden Dienstfahrzeuge. Ansonsten sind die Notfallseelsorger auf Spenden angewiesen.
So sieht er hier eine Diskrepanz, die es bei einer solchen ehrenamtlichen Tätigkeit nicht geben sollte. „Früher war unser Problem, Freiwillige zu finden. Nun ist nicht nur das unser Problem, sondern auch, wie wir deren Ausbildung bezahlen können“, macht er die Situation deutlich. Bisher sei man als Verein finanziell immer so über die Runde gekommen. Wenn sich aber wie nun glücklicherweise so viele neue Helfer finden, stelle dies die Organisation - so paradox dies klingen mag - vor eine nicht einfache Situation.
Dass die Freiwilligen aus der eigenen Tasche zahlen müssten, um anderen helfen zu können, soll verhindert werden. Insbesondere wenn man weiß, dass die 24 Notfallseelsorger allein im vergangenen Jahr bei den über 100 Einsätzen etwa 9110 Einsatzstunden geleistet und 12000 Kilometer zurückgelegt haben. Wenn man weiß, welche psychische Belastung die Einsatzkräfte dadurch regelmäßig auf sich nehmen. Und vor allem, wenn man weiß, wie froh diejenigen sind, denen diese Ehrenamtlichen zur Seite stehen – in den schwärzesten Stunden ihres Lebens...